Studie verbindet die Beschränkungen während der Pandemie mit dem Anstieg der Kurzsichtigkeit bei einigen Kindern
Die Forscher, die für die in der medizinischen Fachzeitschrift JAMA Ophthalmology veröffentlichte Studie verantwortlich sind, untersuchten die Sehkraft Tausender Kinder zwischen 6 und 13 Jahren von zehn Grundschulen in Feicheng, China. Die Forscher – von zwei Krankenhäusern in Tianjin, China, sowie von der Emory University in Atlanta und der University of Michigan in Ann Arbor, USA – führten die Studie zwischen 2015 und 2020 durch.
Eine Studie belegt eine beunruhigende Zunahme an Kurzsichtigkeit bei Kindern
Die Studie stellte fest, dass Kurzsichtigkeit (Myopie) bei Kindern zwischen 6 und 8 Jahren 2020 öfter verzeichnet wurde als in den vorherigen fünf Jahren der Untersuchung. Bei einer Kurzsichtigkeit ist es schwieriger, Dinge in der Ferne zu erkennen, da der Augapfel zu lang oder die Hornhaut zu gekrümmt ist. Sie wirkt sich nicht auf die Fähigkeit aus, Dinge in der Nähe zu erkennen und hat normalerweise keinen Einfluss auf die schulischen Leistungen eines Kindes.
In der Studie trat Kurzsichtigkeit 2020 bei Sechsjährigen etwa dreimal so häufig, bei Siebenjährigen doppelt so häufig und bei Achtjährigen 1,4-mal so häufig auf als bei älteren Kindern. Bei Kindern zwischen 9 und 13 Jahren wurde kein erheblicher Anstieg an Kurzsichtigkeit beobachtet.
Kinder zwischen 6 und 8 Jahren „durchleben möglicherweise eine wichtige Phase, was die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit angeht“, heißt es in der Studie. „In diesem Altersfenster ist die Plastizität einer Kurzsichtigkeit hoch und die Myopie-Kontrolle könnte einfacher sein. Sobald dieses Altersfenster verstrichen ist, ist die Plastizität der Kurzsichtigkeit gering, und es ist aufgrund von Veränderungen der Umgebung schwieriger, die Myopie zu kontrollieren.“
Die Ursache: Das Lernen zu Hause und eine Zunahme der Verwendung digitaler Bildschirme
Die Autoren der Studie stellen fest, dass die Pandemie und die daraus resultierende Notwendigkeit, zu Hause zu bleiben, bei sechs- bis achtjährigen chinesischen Schulkindern mit einer Verschlechterung der Sehkraft einherging. Die Autoren sind der Auffassung, dass ihre Studie die Sorgen legitimiert, dass die Beschränkungen infolge der Pandemie möglicherweise zu einem vermehrten Auftreten von Kurzsichtigkeit beitragen könnten. Sie sagen, dass das häufigere Auftreten von Kurzsichtigkeit nicht nur darauf zurückzuführen ist, dass die Kinder weniger draußen waren, sondern auch darauf, dass sie mehr Zeit vor Bildschirmen verbrachten.
Um die Pandemie in China einzudämmen, schloss die Regierung in 2020 von Januar bis Mai die Schulen im ganzen Land. In diesem Zeitraum wurden mehr als 220 Millionen Schulkinder in ihren eigenen vier Wänden virtuell unterrichtet. Nach dem Ende dieses Lockdowns untersuchten die Forscher die Sehkraft der Kinder.
Im Rahmen der Studie wurde das Sehvermögen von rund 124.000 Kindern im Alter zwischen 6 und 13 Jahren vor der Pandemie (2015–2019) und im Pandemiejahr 2020 untersucht. Die Forscher stellten fest, dass in bestimmten Altersgruppen die Prävalenz bei Kurzsichtigkeit in 2020 höher war als die Höchstwerte in den Jahren 2015 bis 2019. Dabei handelte es sich um Kinder im Alter von 6 Jahren (21,5 % im Vergleich zu 5,7 %), 7 Jahren (26,2 % im Vergleich zu 16,2 %) und 8 Jahren (37,2 % im Vergleich zu 27,7 %).
Die Autoren der Studie erklären, dass der refraktive Status (wie unsere Augen Licht brechen) bei Kindern zwischen 6 und 8 Jahren „möglicherweise empfindlicher auf Veränderungen der Umgebung reagiert als bei älteren Kindern, da sie sich in einem Entwicklungsstadium befinden, das für die Entwicklung einer Myopie prägend ist.“
Bei einer Myopie handelt es sich um einen sogenannten refraktiven Fehler. Andere refraktive Fehler sind zum Beispiel Hyperopie (Weitsichtigkeit), Presbyopie (Alterssichtigkeit aufgrund der Alterung der Augenlinse) und Astigmatismus (eine Hornhautverkrümmung bzw. Unregelmäßigkeit der Linse, die verschwommenes Sehen in allen Entfernungen verursacht).
Eine groß angelegte US-amerikanische Studie, die 2018 veröffentlicht wurde, stellte fest, dass 6,1 % der Kinder zwischen 5 und 7 Jahren und 18,3 % der Kinder zwischen 8 und 10 Jahren kurzsichtig sind. Insgesamt sind fast 30 % der US-Bevölkerung von Kurzsichtigkeit betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass bis 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein könnte, das ist ein Drittel mehr als in 2020.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder eine Myopie entwickeln, ist größer, wenn ihre Eltern kurzsichtig sind. Weltweit steigt der Anteil der Kurzsichtigen, besonders bei Kindern. Niemand weiß mit Sicherheit, woran das liegt, allerdings vermuten Experten, dass es damit zusammenhängen könnte, dass wir mehr Zeit drinnen und mit Tätigkeiten im Nahsichtbereich verbringen, wie mit der Verwendung von Computern und mit Videospielen“, so die American Academy of Pediatrics.
Zu den Symptomen einer Kurzsichtigkeit gehören:
Verschwommenes Sehen
Blinzeln, um besser sehen zu können
Häufiges Augenreiben
Kopfschmerzen
Augenärzte und Optiker empfehlen normalerweise Brillen oder Kontaktlinsen, um die Kurzsichtigkeit bei Kindern zu korrigieren. Gegebenenfalls raten Sie auch zu Behandlungen zur Myopie-Kontrolle einschließlich spezieller Brillen zur Myopie-Kontrolle.
Die American Academy of Pediatrics empfiehlt Eltern, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko einer Kurzsichtigkeit bei ihren Kindern zu reduzieren:
Regen Sie zu regelmäßigen Pausen bei Tätigkeiten im Nahsichtbereich an (z. B. bei den Hausaufgaben am Computer).
Verbringen Sie viel Zeit im Freien mit Ihren Kindern.
Setzen Sie der Freizeitnutzung digitaler Endgeräte klare Grenzen.
Lassen Sie in regelmäßigen Abständen eine Augenuntersuchung bei Ihren Kindern durchführen.
Darüber hinaus können Sie auch dazu beitragen, dass die Sehkraft Ihres Kindes sich optimal entwickelt, indem Sie ihre Augenuntersuchungen von einem Augenarzt oder Optiker durchführen lassen, der auf Kinder spezialisiert ist. Schulkinder sollten alle zwei Jahre zur Augenuntersuchung, wenn bei ihnen keine Sehkorrektur notwendig ist. Bei Kindern, die eine Brille oder Kontaktlinsen tragen, sollten Augenuntersuchungen jährlich oder in den vom Augenarzt oder Optiker empfohlenen Abständen durchgeführt werden.
Die erste Augenuntersuchung eines Kindes sollte im Alter von sechs Monaten stattfinden, mit weiteren Untersuchungen im Alter von drei Jahren sowie vor der Einschulung (im Alter von fünf oder sechs Jahren).
Seite veröffentlicht in Samstag, 4. September 2021